Weekly Briefing

Akute Sarkoidose

Rezidive und Langzeitverlauf

Von >200 Patientinnen und Patienten mit Löfgren-Syndrom (LS; s. «Vintage Corner») liegen erstmals Langzeitdaten vor: Die Fälle wurden zwischen 1959–2020 diagnostiziert, zeigen eine Geschlechterdominanz (60% Frauen) und genetische Prädisposition (HLA-DRB1*03 positiv). In 94% kam es in den zwei Jahren nach Erstdiagnose zur kompletten Resolution, bei den DRB1*03-positiven Fällen sogar in 100%. Eine fehlende Abheilung zeigten nur 10 Erkrankte. Im Langzeitverlauf kam es bei 11% zu einem Rezidiv, die Hälfte davon >5 Jahre nach Erstdiagnose. Das Rezidivrisiko wird durch die Genetik (DRB1*03 negativ und DRB1*15 positiv) ebenfalls beeinflusst. Kurz: In den meisten Fällen hat das LS eine exzellente Prognose. Wie kosteneffizient der genetische Test ist, bleibe dahingestellt.
Am J Respir Crit Care Med. 2024, doi.org/10.1164/rccm.202307-1291LE.
Verfasst am 10.2.24_HU

Lungenembolie

Ambulantes Management bei tiefem Risiko

Seit mehr als zehn Jahren ist bekannt: Nach Diagnose einer akuten Lungenembolie können Erkrankte mit tiefem Risiko sicher ambulant behandelt werden, definiert anhand von PESI-Score («Pulmonary Embolism Severity Index») und hämodynamischer Stabilität. Gemäss einer grossen US-amerikanischen Studie wird dies noch viel zu wenig konsequent umgesetzt: Von >1,6 Millionen Fällen mit Diagnose einer akuten Lungenembolie und tiefem Risikoscore wurden nur gerade 35% von der Notfallstation wieder nach Hause entlassen und die Rate hat sich über die Zeit kaum verbessert – 38% (2012–2014) versus 33% (2018–2020). Aus den klinischen und demographischen Charakteristika liess sich kein Signal ableiten, wer bei tiefem Risiko stationär und wer ambulant behandelt wird.
Ann Intern Med. 2024, doi.org/10.7326/M23-2442.
Verfasst am 10.2.24_HU

Vintage Corner

Löfgren-Syndrom: typische Trias

Bei der Trias von bihilärer Lymphadenopathie, Erythema nodosum und Sprunggelenkarthritis liegt ein Löfgren-Syndrom vor. Dieser spezifische Phänotyp einer akuten Sarkoidose ist pathognomonisch – die Diagnose kann rein klinisch gestellt werden. Liegt zusätzlich noch Fieber vor, ist der positive Prädiktionswert 95% (!): Eine Biopsie oder die Bestimmung von Biomarkern erübrigt sich. Der schwedische Pneumologe Sven Löfgren (1910–1978) hat diese Konstellation anhand einer Serie von 212 Fällen einer akuten Sarkoidose zugeordnet und als «bihilar lymphadenopathy syndrome» erstbeschrieben. Die Manifestation verläuft geschlechtsspezifisch: Frauen haben häufiger ein Erythema nodosum, Männer meistens eine bilaterale Arthritis ohne Hautbeteiligung.
Acta Med Scand. 1952, PMID: 14932794.
Verfasst am 10.2.24_HU
CME

Pylephlebitis

  • Die Pylephlebitis (PP) ist eine septische Thrombophlebitis im Pfortadersystem (PAS). Sie stellt eine seltene, aber schwere Komplikation einer Infektion im Bauchraum oder Becken dar.
  • Grundsätzlich kann jede abdominelle Infektion mit Beteiligung von Organen, die über das PAS drainiert werden, mit einer PP einhergehen. Die Divertikulitis hat die Appendizitis als häufigste Ursache abgelöst. Beschrieben werden Pylephlebitiden aber auch als Komplikation von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, Pankreatitis, Cholangitis usw.
  • Die PP beginnt als Thrombophlebitis der kleinen Venen im entsprechenden Infektionsgebiet. Sie kann sich auch extraportal in die Milz- und Mesenterialvenen ausdehnen.
  • Die klinische Präsentation ist unspezifisch: Müdigkeit, Fieber, Bauchschmerzen mit gespannter Bauchdecke, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall.
  • Im Labor finden sich Entzündungszeichen (Leukozytose, C-reaktives Protein) und erhöhte Leberwerte (alkalische Phosphatase, Transaminasen). Eine Bilirubinerhöhung ist selten. In fast allen Fällen liegen positive Blutkulturen vor. Häufig handelt es sich um polymikrobielle Erreger (Bacteroides, Escherichia coli, Streptococcus).
  • Es existieren keine diagnostischen Kriterien: Bei Nachweis eines Thrombus im PAS mit Sepsis kann das klinische Bild mit einer PP vereinbar sein. An eine PP sollte bei jeder intraabdominellen Sepsis mit polymikrobieller Bakteriämie gedacht werden.
  • Breitbandantibiotika sind die Eckpfeiler der Behandlung, initial werden sie intravenös verabreicht. Es empfiehlt sich eine prolongierte Therapiedauer (4–6 Wochen).
  • Die Rolle der Antikoagulation ist unklar. Kleine Studien zeigten einen Mortalitätsbenefit.
  • Komplikationen der PP sind Darmischämie, Leberabszess, Milzinfarkt. Trotz antibiotischer Behandlung ist die Mortalität mit 10–30% hoch.
StatPearls. 2024, PMID: 33085393.
Verfasst am 7.2.24_HU

Chrononutrition

Häufig und Hauptmahlzeit mittags

Für die Prävention der Adipositas existieren zahlreiche Empfehlungen. Grosses Interesse hat dabei die Chrononutrition erhalten. Dabei wird darauf fokussiert, dass zur richtigen Zeit gegessen wird. Von 2050 Personen (18–65 Jahre) wurden Essgewohnheiten und Body Mass Index (BMI) erfragt. Wenn die grösste Mahlzeit des Tages am Abend eingenommen wurde, war der BMI 0,85 höher (p = 0,02). Umgekehrt waren folgende zwei Essensmuster signifikant mit einem niedrigeren BMI assoziiert: >3 Mahlzeiten pro Tag und Haupmahlzeit mittags. Auch wenn diese Assoziationen unabhängig von Geschlecht, Alter, Kalorienaufnahme und körperlicher Aktivität waren, ist die Studie, die auf den Antworten in einem Fragebogen basiert, in ihrer Aussage limitiert.
Clin Nutrition ESPEN. 2024, doi.org/10.1016/j.clnesp.2024.01.022.
Verfasst am 22.2.24_MK

Dupuytren-Kontraktur

Chirurgie, Fasziotomie oder Kollagenase?

Die Dupuytren-Kontraktur ist eine häufige Bindegewebserkrankung der Palmaraponeurose. Durch Knoten- und Strangbildung wird die Streckung des 4. und 5. Fingerstrahls reduziert. Bei funktioneller Beeinträchtigung im Alltag ist ein Eingriff indiziert.
In einer randomisierten Studie wurden bei 302 Personen drei verschiedene Interventionen miteinander verglichen: Chirurgie (101), Nadelfasziotomie (101) und Kollagenase-Injektionen (100). Nach drei Monaten waren alle drei Massnahmen mit circa 72% gleich erfolgreich. Nach zwei Jahren war die Chirurgie überlegen: 78% Erfolgsrate gegenüber 65% mit Kollagenase oder 50% mit Nadelfasziotomie. Während das Resultat die Chirurgie bevorzugt, ist bei den zwei anderen Interventionen die Lokalanästhesie vorteilhaft.
Ann Intern Med. 2024, doi.org/10.7326/M23-1485.
Verfasst am 25.2.24_MK
Rauchstopp
Aufbau einer elektronischen Zigarette.
© Frank Eckgold / Adobe Stock

Die Rolle der E-Zigarette

Elektronische (E-)Zigaretten bestehen aus einem Mundstück, einer Batterie, einem Verdampfer und einer Kartusche, die Flüssigkeit mit Aroma und Nikotin enthält (s. Abbildung). Durch Zug am Mundstück wird die Flüssigkeit erhitzt und verdampft, sodass sie inhaliert werden kann («vapen»). Dadurch bleibt eine Nikotinexposition bestehen und die Abhängigkeit wird weiter unterhalten, doch die toxischen und kanzerogenen Nebenprodukte des verbrannten Tabaks sind ausgeschaltet. Obwohl in verschiedenen Studien E-Zigaretten für das Abgewöhnen vom Tabakrauchen als sinnvoll angesehen werden, ist das Vapen als Rauchersatz wegen anderer Gesundheitsschäden und als potentielles Einstiegstor bei Jugendlichen fürs Rauchen umstritten.
In einer vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Studie wurden 1246 Raucherinnen und Raucher (>4 Zigaretten/Tag) mit Rauchstopp-Wunsch randomisiert, den Rauchstopp mit oder ohne E-Zigaretten durchzuführen. 47% davon waren Frauen, das Durchschnittsalter betrug 38 Jahre, im Mittel wurden 15 Zigaretten/Tag geraucht und 85% hatten mindestens einmal versucht, mit Tabakrauchen aufzuhören. 622 waren in der Interventionsgruppe, 624 in der Kontrollgruppe. Für die E-Zigaretten durften das Aroma und die Nikotinkonzentration selbst ausgewählt werden. Beide Gruppen erhielten eine Rauchstopp-Beratung und es war erlaubt, zusätzlich Nikotinersatzmittel zu verwenden. Nach sechs Monaten waren 28,9% in der Interventionsgruppe und 16,3% in der Kontrollgruppe durchgehend abstinent. Relevante Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen gleich selten auf. Respiratorische Symptome (z.B. Husten) war in der Interventionsgruppe weniger häufig.
Diese Studie baut die Evidenz weiter aus, dass E-Zigaretten für eine erfolgreiche Rauchabstinenz nützlich sind. Diejenigen, die in der Interventionsgruppe abstinent waren, rauchten in der Regel die nikotinhaltigen E-Zigaretten weiter. Dies bedeutet, dass E-Zigaretten in der Rauchstopp-Beratung vor allem dann empfohlen werden sollten, wenn die Abstinenz vom Tabakrauchen prioritär und die Nikotinabhängigkeit weniger von Bedeutung ist.
N Engl J Med. 2024, doi.org/10.1056/NEJMoa2308815.
Verfasst am 22.2.24_MK