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Publiziert am 19.01.2022
Ziel dieser Zusammenstellung ist es, einen Orientierungsrahmen zu schaffen, um die Vielfalt funktionell bedingter Körperbeschwerden besser einordnen und angehen zu können.
Tabelle 1: Basisinformationen für Patienten mit funktionellen Beschwerden (aus: Egloff N. Grundformen Psychosomatischer Störungen. Schlusskurs 1, Medizinische Fakultät, Universität Bern. Wintersemester 2018/2019. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von N. Egloff.). Folgende Basisinformationen helfen Patienten mit funktionellen Beschwerden beim verbesserten Coping ihrer Beschwerden. Nicht zuletzt wegen der breiten Thematisierung von Stresserkrankungen durch die Medien ist die gesellschaftliche Entwicklung heute so weit vorangeschritten, dass ein biopsychosoziales Basisverständnis von gesundheitlichen Zusammenhängen in der Bevölkerung zunehmend vorhanden ist. Die sorgfältige somatische Abklärung (Stufe 1 und 2) bleibt dabei als Bestandteil integriert. Angesichts der Häufigkeit funktioneller Beschwerden anerbietet sich das gemeinsame Vertiefen eines individualisierten biopsychosozialen Krankheitsmodells (z.B. am Beispiel von Stress-Symptomen). Das veraltete, dualistische Symptomverständnis («entweder somatogen oder psychogen») wird damit durch eine nuanciertere Haltung ersetzt, die sowohl organische als auch funktionelle Körpersymptome gleichermassen als physiologisch real anerkennt und beide Körpersymptomursachen ohne Zwang auch in Bezug zu unterschiedlichen psychischen Vorgängen und sozialen Bedingungen stellen kann. Inwiefern es dabei gelingt, in diesem Kontext eine solide therapeutische Allianz aufzubauen, ist prognostisch entscheidend. | |
Häufigkeit | Körpersymptome ohne nachweisbare Organschädigung sind sehr häufig. Jeder Mensch hat hin und wieder solche Symptome. In der medizinische Grundversorgung berichtet etwa jeder 4. Patient davon. |
Lokalisation | Die Beschwerden können grundsätzlich jedes Organsystem betreffen. Sehr häufig sind das Herz- und Kreislaufsystem und das Verdauungssystem betroffen. Aber auch sehr viele chronische Schmerzerkrankungen haben funktionelle Anteile. |
Entstehung | Viele funktionelle Symptome lassen sich aufgrund körperlicher (vorab vegetativer) Steuerungsvorgänge und/oder durch eine verstärkte Reizübertragung im Nervensystem (z.B. bei Reizdarm, Reizmagen, Reizblase und Fibromyalgie-Syndrom) verstehen. Das heisst, die Beschwerden sind absolut real. Einzelne funktionelle Syndrome kommen familiär gehäuft vor, was auf eine genetische Disposition hinweist. |
Ursachen | Vielfach stehen die Symptome in Zusammenhang mit den Auswirkungen von früheren gesundheitlichen Vorereignissen (durch deren Symptom-Abspeicherung und Chronifizierung) oder sie entstehen im Zusammenhang mit Überbeanspruchung (durch Stress-Sensibilisierung des Körpers). |
Therapie | Stress- und Schmerzsymptome wirken sich immer auf den ganzen Menschen aus. Ein Therapieweg, der ganzheitlich vorgeht, d.h. körperliche wie auch psychische Aspekte berücksichtigt, hilft am besten. Viele Patienten profitieren z.B. von einer Kombination aus Bewegungstherapie, Entspannungsverfahren und verbessertem Stressmanagement. |
Verlauf | Viele funktionelle Körpersymptome haben «On- und off»-Charakter, d.h. sie kommen und gehen je nach situativen Umständen. Da die Beschwerden nicht als «Hardware» sondern als «Software»-Probleme charakterisiert werden können, entstehen keine Organschädigungen. Das heisst, funktionelle Beschwerden sind medizinisch gesehen «gutartig». |
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