Fokus auf … Mycobacterium bovis Bacillus Calmette-Guérin (BCG): 100 Jahre Anwendung beim Menschen
– Mycobacterium (M.) tuberculosis wurde als Erreger der Tuberkulose 1882 durch Robert Koch identifiziert.
– Die Existenz eines (damals) zweiten Stammes, M. bovis, wurde ab 1901 allgemein akzeptiert.
– Mit M. bovis infizierte Kuhmilch verursachte eine grosse Zahl von Tuberkuloseinfekten, vor allem bei Kindern.
– Calmette und Guérin entwickelten zum Schutz gegen M. tuberculosis einen attenuierten Tuberkulosestamm (bovin, BCG) nach Kultur/Passagen über Kartoffelschnitze (mit Ochsengalle und Glycerin). Heute ist bekannt, dass dadurch ein DNA-Lokus mit 9 Genen zerstört wurde.
– 1930 kam es zur sogenannten Lübeck-Katastrophe, bei der 75 von 412 mit BCG geimpfte Neugeborene an Tuberkulose starben. Die Ursache war aber nicht eine BCG-Virulenz, sondern eine In-vitro-Kontamination mit M. tuberculosis.
– Die BCG-Impfung ergibt eine mehr als 70%ige Schutzwirkung gegen Meningitis tuberculosa oder eine Miliartuberkulose, vor allem bei Kindern, der Schutz gegen Lungentuberkulose war und ist deutlich tiefer (experimentelle Wirksamkeit in der Literatur 0–80%!).
– Die Impfung kann lokale Abszesse, eine Lymphadenitis oder allergische Reaktionen verursachen.
– Bei immunsupprimierten Kindern kann eine BCG-Impfung tödlich verlaufen.
– Intravesikale BCG-Instillationen sind therapeutisch indiziert bei nicht muskelinvasivem Harnblasenkarzinom. Nebenwirkungen sind (ulzeröse) Zystitis und anderen Entzündungen der ableitenden Harnwege (Prostatitis, Urethritis u.a.m.). Systemisch kommen mykotische Aneurysmen, granulomatöse Hepatitis, Spondylitis und disseminierte BCG-itis vor.
– Das WHO-Ziel (bis 2030 Reduktion der Tuberkuloseekrankungen um 90% und der Mortalität um 95%) dürfte nur durch verbesserte Tuberkuloseimpfstoffe erreichbar sein.
Verfasst am 24.01.2022.