Aus einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) mit Leberfibrose entwickeln sich eine Zirrhose und/oder ein hepatozelluläres Karzinom. Resmetirom, ein oraler Schilddrüsenhormonrezeptor-Agonist, scheint das erste Medikament zu sein, das diese fatale Entwicklung bremsen kann. In einer Firma-unterstützten Studie wurden von 1000 Personen mit NASH + Fibrose ⅔ mit 80 oder 100 mg Resmetirom und ⅓ mit Placebo über ein Jahr behandelt. Die Daten basierten auf Leberbiopsien. Ein Stopp der entzündlichen Aktivität der NASH ohne Fortschreiten der Fibrose wurde in 26–30%, ein Rückgang der Fibrose ohne Verstärkung der NASH-Entzündungsaktivität in 24–26% beobachtet. Unter Placebo waren es entsprechend 10 und 14%. Diarrhoe und Übelkeit waren unter Resmetirom häufiger.
Lipidreiche Koronarplaques bergen die Gefahr, aufzubrechen und das Gefäss mit einem Thrombus akut zu verschliessen. Diese «vulnerablen» Plaques sind oft nicht stenosierend, koronarangiographisch aber dennoch erkennbar. Ist die Koronarintervention an diesen nicht stenosierenden Plaques sinnvoll? 1606 Personen wurden 1:1 randomisiert entweder mit Koronarintervention + Medikation oder nur medikamentös behandelt. Der Kombinations-Endpunkt Tod-Myokardinfarkt-Revaskularisation-Hospitalisation nach zwei Jahren trat bei der Interventionsgruppe in 0,4%, in der Medikationsgruppe in 3,4% auf (p = 0,0003). Relevante Nebeneffekte waren gleich häufig. Dies ist die erste grosse Studie, die eine Koronarintervention an nicht stenosierenden vulnerablen Plaques rechtfertigt.
Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) entsteht durch die erhöhte Aktivität des Von-Willebrand-Faktors (vWF), die eine überschiessende Thrombozytenaggregation und Mikrothrombenbildung zur Folge hat. Zur Therapie wird Caplacizumab (Cab) eingesetzt, ein monoklonarer Antikörper, der an vWF bindet und so die Thrombozytenaggregation blockiert. Cab verkürzt die TTP-Dauer, scheint aber die Zeit bis zur Normalisierung der vWF-Funktion zu verlängern. Eine Analyse von 113 TTP-Schüben zeigt, dass die frühe Cab-Gabe <3 Tage nach Diagnose, im Vergleich zur späten Cab-Gabe nach >3 Tagen, die Dauer der begleitenden Plasmaaustauschtherapie von 20 auf 11 Tage verkürzt. Weder die frühe noch die späte Gabe verlängern die Zeit bis zur Normalisierung der vWF-Funktion.
Als Coccygodynie werden hartnäckige, chronische Schmerzen im Steissbeinbereich bezeichnet. Sie sind häufig und werden oft verkannt [1]. Das Verhältnis Frau zu Mann beträgt circa 4:1.
Bekannte Auslöser sind vertikale Sturztraumen auf das Os coccygis, Geburt und Mikrotraumen durch zum Beispiel Fahrrad- oder Motorradfahren oder längeres Sitzen in falscher Position (Fernsehkrankheit). In der Hälfte der Fälle lässt sich kein sicherer Auslöser eruieren.
Risikofaktoren sind Adipositas, die zu falscher Sitzhaltung prädestiniert, oder rascher Gewichtsverlust sowie eine Hypermobilität des Os coccygis.
Die Diagnose wird klinisch gestellt. Typisch sind Schmerzen im Sitzen, die sich bei Lageänderungen – vor allem Zurückneigen – verstärken. Der Schmerz ist bei Palpation des Os coccygis von aussen oder von rektal reproduzierbar.
Ein Röntgenbild gehört nach Traumen zur Routine, um eine Fraktur oder Luxation auszuschliessen.
Bei zahlreichen Patientinnen und Patienten verschwinden die Beschwerden nach Wochen bis Monaten ohne Therapie. Es ist aber sinnvoll, mit lokalen oder oralen nichtsteroidalen Antirheumatika zu behandeln und eine Druckentlastung sicherzustellen [2]. Diese konservative Therapie ist in 90% erfolgreich.
Die Druckentlastung erfolgt durch Vermeiden von Sitzen oder geeignete Sitzkissen, die das Sitzbein aussparen. Es kann auch ein Keilkissen mit Verjüngung nach hinten benutzt werden.
Persistieren die Beschwerden, ist die Behandlung durch eine Schmerzspezialistin oder einen Schmerzspezialisten sinnvoll: manuelle Gelenkmobilisation, Steroidinfiltration, Blockade des Ganglion impar, Epiduralblock.
Versagen auch diese Massnahmen, ist nach Ausschluss eines malignen Coccygis-Prozesses mittels Magnetresonanztomographie die chirurgische Resektion des Os coccygis indiziert.
… worry more about how you can become a learning machine» [1]. Zu diesem Schluss kommt der Editoralist einer Studie zum Einfluss des medizinischen Wissens auf die Genauigkeit des Diagnoseprozesses und kognitive Fehler (Bias) – und stellt diese pointiert in den Kontext von Möglichkeiten und Limitationen künstlicher Intelligenz.
Diagnosefehler sind meist Folgen eines fehlerhaften Clinical Reasoning. Wird der Weg zur richtigen Diagnose aber durch unser medizinisches Wissen oder vielmehr durch kognitive Prozesse (Stichwort: Intuition vs. Analyse) determiniert? Dies haben holländische Forschende in einer eleganten Studie [2] untersucht: in einer ersten Phase mussten internistische Assistenzärztinnen und -ärzte (AA) die wichtigsten Fakten von sechs verschiedenen Entitäten (u.a. Vitamin-B12-Mangel, Nebenniereninsuffizienz, Endokarditis) aus dem Gedächtnis abrufen. Anhand der Resultate wurden sie in zwei Gruppen geteilt, eine mit hohem und eine mit geringem Wissen («high knowledge» [HK] bzw. «low knowledge» [LK]). In einer nächsten Phase wurden die AA mit klinischen Vignetten konfrontiert, die Hälfte davon versehen mit einem besonderen Merkmal («salient distracting feature» [SDF]), das eine falsche Fährte – das heisst zu einer nicht korrekten Diagnose – legen sollte.
Wie schnitten die beiden Gruppen ab? Bei Vignetten ohne SDF fanden sich keine Unterschiede in der diagnostischen Genauigkeit zwischen AA-HK versus AA-LK. Bei Fällen mit SDF aber kamen AA-LK häufiger zu einer falschen Diagnose. Zusätzlich wurde die benötigte Zeitspanne gemessen, um zu einer Diagnose zu gelangen: Bei den Vignetten mit SDF brauchten beide Gruppen mehr Zeit. Der Unterschied im Diagnoseerfolg scheint demnach nicht durch kognitive Prozesse, sondern in erster Linie wissensbedingt. Dies leuchtet ein: Wer nicht weiss, dass Fieber, Herzgeräusch und Splinter-Hämorrhagien auf eine Endokarditis hinweisen, wird auch nach beliebig langem Analysieren nicht zur richtigen Diagnose kommen. Natürlich: Im Rahmen von künstlicher Intelligenz und Large Language Models mag das prompte Abrufen von medizinischen Fakten an Bedeutung verlieren. Zum Lösen diagnostischer Probleme wird medizinisches Wissen aber unverzichtbar bleiben.
Stellen Sie sich folgende Vignette vor (in Anlehnung an [1, 2]: Ein 40-jähriger Patient mit bekanntem und schlecht kontrolliertem Diabetes mellitus Typ 2 (HbA1c 15%) präsentiert sich mit ausgeprägter Schwäche und retroorbitalen Kopfschmerzen, febril (39 °C), Blutdruck 125/75 mm Hg, Puls 95/min, Atemfrequenz 24/min, Sauerstoffsättigung 96% unter Raumluft. In der körperlichen Untersuchung finden sich eine livide Schwellung maxillär rechts und ein Exophthalmus des rechten Auges. Die Entzündungszeichen sind erhöht: Leukozyten 13,4 G/l (Norm 4–11 G/l), C-reaktives Protein 230 mg/l (Norm <5 mg/l). Ein Computertomogramm von Kopf und Hals zeigt eine Schwellung der rechten Orbita und entzündliche Veränderungen im Sinne einer ausgeprägten Sinusitis maxillaris et ethmoidalis rechts. Die nasalen Schleimhäute sind schwarz verkrustet («black eschars»).
Welche Diagnose vermuten Sie?
A) Gesichtsphlegmone B) Nekrotisierende Fasziitis C) Rhinozerebrale Mukormykose D) Kutaner Anthrax
Die Histopathologie der Schleimhautbiopsie zeigt nicht septierte Hyphen (s. Abbildung) in bandartiger Formation («ribbon formations») mit Angioinvasion und Gewebenekrosen: es handelt sich um eine Mukormykose. Die rhinozerebrale Mukormykose (auch: Zygomykose) ist eine seltene, aber schwer verlaufende Infektion durch opportunistische Pilze der Gruppe Mucorales (u.a. Mucor, Rhizopus, Rhizomucor). Die Sporen werden inhaliert und breiten sich bei gestörter Immunabwehr rasch aus. Primär sind Nase, Nasennebenhöhlen und Gehirn betroffen. Prädisponierende Faktoren sind ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Steroidtherapie, Hämochromatose und Therapie mit Eisenchelatoren, HIV-Infektion, Neutropenie, solide Organtransplantation und hämatologische Neoplasien.
Aufgrund des schweren Verlaufes mit hoher Mortalität (25–62%) sind eine prompte Diagnose und Therapie entscheidend. Liposomales Amphotericin B sollte bereits bei Verdacht etabliert werden, nach Diagnosebestätigung wird es prolongiert – in der Regel für 4–6 Wochen respektive je nach klinischem Ansprechen – fortgesetzt. Das infizierte Gewebe muss chirurgisch debridiert werden.
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