Diese Kohortenstudie untersuchte Immunkompromittierte mit Neutropenie und gramnegativer Bakteriämie (v.a. Escherichia coli > Pseudomonas aeruginosa > Klebsiellen). Vorwiegend wurden intravenöse Antibiotika (AB) verabreicht, meist Cefepim oder Carbapeneme. Retrospektiv wurden drei Behandlungsgruppen unterschieden: mit kurzer (<10 Tage), intermediärer (11–14 Tage) und prolongierter AB-Therapie (>14 Tage). Keine signifikanten Unterschiede fanden sich für den zusammengesetzten Endpunkt aus Mortalität und mikrobiologischem «Relapse» – auch nicht, wenn nach Dauer und Schwere der Neutropenie respektive nach Art der Immunsuppression differenziert wurde. Fazit der Autorschaft: Eine kurze AB-Dauer ist auch in diesem Setting grundsätzlich sicher und wirksam.
Bei >1500 Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer akut exazerbierten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (AECOPD) hospitalisiert werden mussten, wurde das Vorliegen einer venösen Thromboembolie (VTE) systematisch mittels Computertomographie und Duplexsonographie ausgeschlossen. Die Resultate bestätigen in erster Linie die Daten früherer Arbeiten: Die Prävalenz einer VTE in diesem Patientenkollektiv ist hoch (24,5%) und geht mit einer schlechteren Prognose einher (1-Jahres-Mortalität 12,9 vs. 4,5%). Das Fehlen von purulentem Sputum scheint klinisch der brauchbarste unter vielen identifizierten Risikofaktoren zu sein: Bestehen keine Hinweise auf einen entzündlichen Trigger für die AECOP, sollte das Vorliegen einer Lungenembolie ausgeschlossen werden.
Eisenmangel und Thalassämie sind häufige Differentialdiagnosen einer hypochromen, mikrozytären Anämie. Im klinischen Alltag kann hier der Mentzer-Index – «with the virtues of simplicity and ease of recall» – hilfreich sein. Der namensgebende Autor analysierte die Erythrozytenindices von 103 Patientinnen und Patienten mit moderater Anämie (Hämoglobin >9 g/dl): 50 mit Thalassämie, 53 mit Eisenmangelanämie. Der Quotient aus mittlerem korpuskulärem Volumen (MCV) / Erythrozytenzahl differenzierte in 87 Fällen korrekt. Werte <13 wiesen auf vorwiegend kleine Zellen (Mikrozyten) hin und waren entsprechend suggestiv für das Vorliegen einer Thalassämie, Werte >13 sprachen für einen Eisenmangel. Inkonklusiv waren Fälle mit konkomitantem Vorliegen beider Pathologien oder zusätzlicher Entitäten (z.B. Schwangerschaft, Hämolyse).
Im Zusammenhang von Hypoglykämie und Krebs kommen differentialdiagnostisch primär infrage: ein Insulin produzierender Tumor, eine unerwünschte Wirkung der Krebstherapie oder ein paraneoplastisches Syndrom.
Auch bei Tumorpatientinnen und -patienten müssen Ursachen ohne direkten Zusammenhang mit dem Malignom in Betracht gezogen werden: inzidentelle Insulingaben, Sepsis, Leberversagen, Nebennierenrindeninsuffizienz.
Zur Abklärung werden in der Hypoglykämie Insulinspiegel, C-Peptid und Ketone (β-Hydroxybutyrat) bestimmt: Bei hohen Insulinwerten differenzieren die C-Peptide zwischen einer endogenen Insulinproduktion («Insulinom», hohe C-Peptide) und exogener Insulingabe; ist der Insulinwert tief, liegt eine nicht insulinvermittelte Hypoglykämie vor.
Als unerwünschte Effekte der Krebstherapie ist in erster Linie die Produktion von Antiinsulin-Antikörpern durch Immuncheckpoint-Inhibitoren zu nennen.
Als seltene Paraneoplasie kommt ein «Doege-Potter-Syndrom» (DPS) infrage. Dabei kommt es zur exzessiven Produktion von «Insulin-like growth factor»-(IGF)-II, einem insulinähnlichen Wachstumsfaktor, durch einen soliden Tumor. Dieses Phänomen wird vorwiegend bei Patientinnen und Patienten mit solitären fibrösen Tumoren von Pleura und Peritoneum beobachtet.
Die DPS-Diagnose wird über die Bestimmung von IGF-II und IGF-I gestellt. Da die IGFII-Werte häufig im Normbereich liegen, ist der Quotient von IGF-II:IGF-I entscheidend. Werte >3:1 sind suggestiv, >10:1 diagnostisch für das Vorliegen eines DPS.
Die definitive Therapie erfolgt operativ durch die Entfernung des IGF-II produzierenden Tumors. Ist keine Resektion möglich, steht die symptomatische Kontrolle mit regelmässiger Kohlenhydrataufnahme und systemischen Glukokortikoiden im Vordergrund.
Die Fallvignette eines 62-Jährigen mit rezidivierender Divertikulitis wird zwei erfahrenen Gastroenterologen vorgelegt, die zu wichtigen Fragen dazu Stellung nehmen.
Die Divertikulitis ist eine entzündliche/infektiöse Erkrankung von Kolondivertikeln, die mit dem Alter an Häufigkeit zunimmt. Die klassischen Symptome sind linksseitige Unterbauchschmerzen, die von Fieber und Stuhlunregelmässigkeiten begleitet sind. Zu den Komplikationen gehören Abszessbildung, Perforation und Stenosierung des Kolonlumens.
Wie stellt man die Diagnose? Auch bei typischer Symptomatik raten beide Spezialisten für die erste Episode, die Diagnose computertomographisch zu sichern. Für Rezidive sind sich die beiden nicht einig, ob eine erneute Bildgebung notwendig ist. Bemerkenswerterweise wird der Ultraschall als Diagnosegerät nicht erwähnt. In der Schweiz steht er aufgrund seiner Verfügbarkeit und fehlenden Stahlenbelastung wohl an erster Stelle.
Sollen grundsätzlich Antibiotika zur Therapie verwendet werden? Beide Gastroenterologen betonen, dass genügend Daten vorliegen, um bei einer unkomplizierten, diagnostisch gesicherten Divertikulitis auf Antibiotika zu verzichten. Eine Absprache mit der Patientin / dem Patienten mit zeitnaher Nachkontrolle ist empfehlenswert.
Soll nach einer Divertikulitis eine Koloskopie erfolgen? Die Chance, dass nach einer unkomplizierten Divertikulitis ein Kolonkarzinom entdeckt wird, beträgt 1,3%. Deshalb besteht Einigkeit unter den beiden Experten, dass die routinemässige Koloskopie nach einem Verlauf ohne Komplikationen nicht indiziert ist. Diese Situation ändert sich bei kompliziertem Verlauf, wo die Wahrscheinlichkeit eines Karzinoms bei 7,9% liegt.
Wann ist bei einer rezidivierenden Divertikulitis die Chirurgie indiziert? Das Dogma, nach zwei oder mehr Rezidiven eine chirurgische Sanierung durchzuführen, gilt nicht mehr. In Langzeit-Beobachtungsstudien waren keine Vorteile durch den Eingriff zu erkennen. Diese Ansicht wird von beiden Referenten angezweifelt. Die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs im Folgejahr wird mit jedem neuen Schub höher – 1. Schub: 8%, 2. Schub: 19%, 3. Schub: 24%. In randomisierten Studien war die Lebensqualität bei rezidivierenden Verläufen nach Chirurgie besser.
Merke: Bildgebung bei 1. Schub, keine Antibiotika bei unkompliziertem Verlauf, keine Routine-Koloskopie danach, Operation bei rezidivierendem Verlauf erwägen.
Bei der Mehrzahl der Patientinnen und Patienten mit «Penicillinallergie» lässt sich bei einer Testung keine Allergie nachweisen. Dies gibt zu denken, weil das «Allergie-Label» den Einsatz zahlreicher Penicilline und eventuell auch Cephalosporine somit unnötig ausschliesst. Man schätzt, dass bei höchstens 5% der Nachweis einer wahren Allergisierung gelingt. Dieser beruht auf Hauttestungen, deren Durchführung und Interpretation den Spezialärztinnen und -ärzten vorbehalten ist.
Makulopapulöses Exanthem am Rumpf bei Penicillinallergie (aus: Jörg L, et al. Allergie auf Penicillin. Swiss Med Forum. 2017;17(10):236–40).
In einer randomisierten Untersuchung wurden 377 Personen mit Angabe einer Penicillinallergie in zwei Gruppen miteinander verglichen: In der Interventionsgruppe erhielten 187 Personen oral 250 oder 500 mg Amoxicillin per os und wurden 1–2 Stunden beobachtet. Bei 190 Personen in der Kontrollgruppe wurde initial eine Hauttestung mit anschliessender oraler Testung durchgeführt. Je eine Person in jeder Gruppe entwickelte innerhalb einer Stunde einen leichten Hautausschlag. Am Tag 5 berichteten 9 Personen der Interventions- und 10 in der Kontrollgruppe über leichte immunologische Nebenwirkungen. Bei niemandem ist eine schwerwiegende Komplikation aufgetreten, die Adrenalin und/oder eine Notfallbehandlung erfordert hätte.
Diese Arbeit bricht wohl eine Lanze für eine unkomplizierte, ambulante Allergietestung, die auch durch die Hausärztin und den Hausarzt durchgeführt werden könnte. Allerdings ist zu beachten, dass nur Patientinnen und Patienten in die Interventionsgruppe eingeteilt wurden, die von einer milden Reaktion berichtet hatten oder deren Allergieereignis mehr als fünf Jahre zurücklag und die bei der Reaktion keine Therapie benötigt hatten.1 Zudem scheint die Zahl der Untersuchten noch etwas gering. Man wünschte sich noch weitere Studien, um dieses Vorgehen zu festigen.
1 PEN-FAST-Score <3 von 5:
2 Punkte für Allergieereignis ≤5 Jahre
2 Punkte für Allergieereignis mit Anaphylaxie/Angioödem/schwerer Hautreaktion
1 Punkt für Allergieereignis, das eine Therapie benötigte